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Annette Lehnigk-Emden : Die Frau, die Deutschlands Waffen kauft

Sie ist Chefin des Beschaffungsamtes mit 11.800 Mitarbeitern +++ Sie trägt Verantwortung für mehr als 100 Milliarden Euro

Annette Lehnigk-Emden ist Präsidentin des Beschaffungsamtes in Koblenz

Berlin – Eine „Festung“ direkt am Rhein. Hier ist sie die Chefin: Annette Lehnigk-Emden. Juristin, Top-Beamtin, Hundeliebhaberin. „Hunde beruhigen und fördern im Büro die Zufriedenheit“, schreibt sie. Doch ihr Hauptberuf ist: Waffen kaufen! Denn Lehnigk-Emden ist seit Anfang 2023 Präsidentin des Beschaffungsamtes der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz.

Ihre Riesen-Behörde hat 11.800 Mitarbeiter. Sie kaufen ein, was die Bundeswehr so braucht: Fregatten, Panzer, Kampfjets. Aber auch Akkuschrauber, Regenjacken und Schreibmaschinenpapier. Alles muss ordentlich geprüft, genormt, gestempelt sein.

Erst recht seit gestern hat Lehnigk-Emden einen der wichtigsten Jobs des Landes. Denn nun hat der Bundestag die Schuldenbremse gelockert und für große Rüstungsprojekte weitere 105,4 Milliarden Euro an Krediten freigegeben: um die Bundeswehr fit zu machen. Schon 2023 und 2024 wurde so viel Geld wie noch nie in die Bundeswehr investiert. Jetzt darf Lehnigk-Emden mit ihren Beamten noch viel mehr Geld ausgeben!

 

Mega-Behörde mit schlechtem Ruf: das Beschaffungsamt in Koblenz

Mega-Behörde mit schlechtem Ruf: das Beschaffungsamt in Koblenz

Foto: Oliver Langel/IMAGO

Wer ist diese Frau, die nun für so viele Milliarden für die Bundeswehr „einkaufen“ darf?

Im rheinland-pfälzischen Andernach ging Lehnigk-Emden zur Schule. Sie studierte anschließend Jura, arbeitete als Rechtsanwältin und landete schließlich 1991 beim Bundesamt für Wehtechnik und Beschaffung. Dort machte sie sich unter anderem als Expertin für den Eurofighter einen Namen. Lehnigk-Emden stammt aus einer Offiziersfamilie. Ihr Großvater war Kriegsheld im Ersten Weltkrieg. Er überlebte den Untergang des legendären Kreuzers SMS „Emden“. Der Kaiser höchstselbst erlaubte Lehnigk und seinen Nachkommen daraufhin, den Namenszusatz Emden zu führen. Das verpflichtet offenbar!

 

Problemgewehr G36 im Einsatz: Schießtraining für Rekruten

Problemgewehr G36 im Einsatz: Schießtraining für Rekruten

Foto: picture alliance / Caro

Bürokratie-Monster Beschaffung

Doch Lehnigk-Emdens Behörde hat einen schlechten Ruf: „Das Amt ist ein Affenstall, organisierte Verantwortungslosigkeit“, sagt ein Stabsoffizier im Verteidigungsministerium zu BILD. Material sei oft schon bei Einführung „Schrott“. Das Problem: Soldaten und Kommandeure dürfen nicht einfach Panzer kaufen.

Denn: Braucht die Truppe neues Gerät, prüft erst das Planungsamt, ob eine Modernisierung bestehender Systeme, ein Kauf oder eine Neuentwicklung nötig ist. Allein der Regelungskatalog „Projektbezogene Bedarfsdeckung und Nutzung“ (A-1500/3) hat 56 Seiten.

Erst dann wird das Beschaffungsamt beteiligt. Es fertigt eine „funktionale Leistungsbeschreibung mit den geforderten technischen Leistungswerten“ an, die vom Inspekteur der betroffenen Teilstreitkraft angepasst wird. Das Vergabeverfahren wird eingeleitet. Nach der öffentlichen Ausschreibung erhält das Unternehmen mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag. Unterlegene Bieter haben die Möglichkeit, dagegen zu klagen.

Hochmodernes Milliardengrab: Schützenpanzer Puma im Gelände

Hochmodernes Milliardengrab: Schützenpanzer Puma im Gelände

Foto: Photothek via Getty Images

Prominente Pannenprojekte

Die Liste der Pannenprojekte ist lang. Beim Schützenpanzer Puma läuft die Beschaffung seit jetzt fast 30 Jahren. Mit immensen Kostensteigerungen: Statt ursprünglich veranschlagter drei Milliarden könnte die finale Auslieferung am Ende 14 Milliarden Euro und mehr verschlungen haben.

„So was passiert leider nicht nur bei Großprojekten“, sagt ein Offizier, der für die Luftwaffe Fahrzeuge beschafft. Da gebe es Kampfanzüge, in denen man sofort anfange zu schwitzen. Oder Motorboote, die bei Auslieferung nicht mehr schwimmfähig seien.

„Man muss nur den aktuellen Wehrbericht lesen“, sagt ein erfahrener KSK-Offizier zu BILD. Der Grund für das Versagen seien nicht einzelne Menschen, sondern vor allem viel zu viele Vorschriften.

Obmann im Haushaltsausschuss: Sebastian Schäfer (Grüne)

Obmann im Haushaltsausschuss: Sebastian Schäfer (45, Grüne)

Foto: picture alliance / dts-Agentur

Parteipolitische Einflussnahme

Sebastian Schäfer, Obmann der Grünen im Haushaltsausschuss des Bundestages fordert mehr Effizienz:

„Der Krieg, das sehen wir in der Ukraine, wandelt sich. Heute kann eine 50.000 Euro-Drohne einen 20-Millionen-Euro-Panzer knacken.“ Viele neue Anbieter, etwa bei Drohnen, seien keine Rüstungskonzerne, sondern Start-ups: „Das ist für die Verwaltung Terra incognita. Das mögen Beamte gar nicht.“

Zügig Verteidigungsfähigkeit herstellen: Bendler-Block in Berlin, Sitz des Verteidigungsministeriums

Zügig Verteidigungsfähigkeit herstellen: Bendler-Block in Berlin, Sitz des Verteidigungsministeriums

Foto: Joko/Bildagentur-online/picture alliance/dpa

Steuergeld versickert einfach

Michael Brzoska (72), Professor für Friedensforschung an der Universität Hamburg, warnt angesichts der nun beschlossenen neuen Milliarden-Investitionen vor einem Zurückfallen in alte Bürokratie-Muster:

„Mehr Geld bedeutet nicht mehr Effizienz. Viel Geld kann zur Verschwendung der Steuermittel führen.“ Richtig teuer werde es, wenn beschaffte Sachen untauglich seien und wenn es länger dauere als geplant. Dann müsse altes Gerät in Betrieb gehalten werden.

Sein Urteil: „Wenn es nicht besser läuft als in der Vergangenheit, könnten wieder 30 Prozent der Investitionen in der Struktur versickern.“

Dass genau dies nicht geschieht – die Verantwortung dafür liegt in den Händen von Annette Lehnigk-Emden.

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